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Neue Gesetze zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19 Pandemie

Auswirkungen der Gesetze zur Abmilderung der Folgen der COVID-19 Pandemie im Gesellschafts- und Vereinsrecht sowie auf die persönliche Haftung des Geschäftsführers in der Krise, (COVInsAG)


Nach der Zustimmung des Bundesrats zu dem umfangreichen Gesetzesvorhaben zur rechtlichen Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19 Pandemie gelten ab sofort im Gesellschaftsrecht sowie im Vereinsrecht neue Regelungen zur Durchführung von Gesellschafterversammlungen und Vereinsversammlungen. Darüber hinaus wird durch die insolvenzrechtlichen Gesetzesänderungen die persönliche Haftungsgefahr für den Geschäftsführer bei einem Unternehmen in der Krise abgemildert und das Anfech-tungsrecht des Insolvenzverwalters eingeschränkt.

Im Einzelnen:

1. GmbH-Gesellschafterversammlungen

Nach § 48 Abs. 1 GmbHG sind Beschlüsse der Gesellschafter grundsätzlich in Versammlun-gen zu fassen. Nur wenn sich sämtliche Gesellschafter mit der schriftlichen Abgabe der Stimmen einverstanden erklären, bedarf es einer Präsenzgesellschafterversammlung nicht. Durch Artikel 2, § 2 des Corona-Folgenabmilderungsgesetzes (COVInsAG) gilt nun-mehr, dass abweichend von diesem Grundsatz ab sofort bei Gesellschaften in Rechtsform der GmbH Beschlüsse der Gesellschafter in Textform oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen ohne das Einverständnis aller Gesellschafter gefasst werden können. Da der Ge-setzgeber diese Regelung in das durch die Corona-Pandemie notwendige Gesetz aufge-nommen hat, dürfte klargestellt sein, dass Gesellschafterversammlungen grundsätzlich unter die im Rahmen der Kontaktsperre verbotenen Veranstaltungen und Versammlun-gen fallen, vgl. § 11 Abs. 1 der NRW-Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Corona-Virus vom 22.03.2020. Die Gesetzesregelung wäre nicht notwendig gewesen, wenn Gesellschafterversammlungen wie bisher mit mehr als 2 Teilnehmern weiter mög-lich gewesen wären.

Nicht geregelt ist im Gesetz, wie viele Gesellschafter der schriftlichen Beschlussfassung zustimmen müssen, um auf diesem Weg einen Beschluss herbeizuführen. Da Gesellschafterbeschlüsse allerdings immer nur mit der nach dem Gesetz oder in der Satzung vorgesehenen Mehrheit der Stimmen wirksam gefasst werden können, dürfte dieses Mehrheitserfordernis auch für die Möglichkeit der schriftlichen Beschlussfassung gelten.
Zu beachten ist allerdings, dass in der Satzung der Gesellschaft auch strengere Regelungen zur schriftlichen Beschlussfassung als im Gesetz vorgesehen geregelt sein können, insbesondere zum Schutz von Minderheitsgesellschaftern. Beispielsweise kann die Zustimmung aller Gesellschafter zur schriftlichen Beschlussfassung ausdrücklich festge-schrieben sein. In diesen Fällen ist fraglich, ob der durch die Satzung vorgesehene Min-derheitenschutz durch Änderung der gesetzlichen Musterregelung abbedungen ist. Jedenfalls wenn der Minderheitenschutz nicht durch ein entsprechendes Mehrheitsquorum bei der Beschlussfassung in der Satzung gesichert ist, dürfte die Änderung der gesetzli-chen Regelung der Satzungsregelung vorgehen. Ein Prüfung im Einzelfall ist vorsorglich vorzunehmen, um die Anfechtbarkeit der Beschlussfassungen in der Zukunft zu vermeiden.

Zu der Möglichkeit schriftlicher Beschlussfassungen bei Personengesellschaften, insbesondere bei der GmbH & Co. KG, findet sich im Gesetzestext keine Regelung, sodass insoweit derzeit noch die Satzungsregelungen maßgeblich sind, da im HGB und BGB nur wenige Regelungen zur Beschlussfassungen von Personengesellschaften enthalten sind. Nachbesserungen des Gesetzgebers am bisherigen Gesetzestext sind allerdings bei Fortdauer der Corona-bedingten Krise nicht auszuschließen.


2. Mitgliederversammlungen in Vereinen

Für die Durchführung von Mitgliederversammlungen von Vereinen und Stiftungen sieht Art. 2, § 5 Abs. 2 COVInsAG die Regelung vor, dass der Vorstand ohne entsprechende Vorgabe in der Satzung des Vereins es Vereinsmitgliedern ermöglichen kann, im Wege der elektronischen Kommunikation ohne Anwesenheit am Versammlungsort an Mitgliederversammlungen teilzunehmen oder durch eine schriftliche Stimmabgabe zu den Ta-gesordnungspunkten vor der Durchführung der Mitgliederversammlungen abzustimmen. Zudem bestimmt Art. 2, § 5 Abs. 3 des Gesetzes, dass ein Beschluss im Verein auch ohne Mitgliederversammlungen Gültigkeit hat, wenn an der Entscheidung über den Beschluss-antrag alle Mitglieder beteiligt worden sind und bis zu einem vom Verein gesetzten Ter-min die Hälfte der Mitglieder ihre Stimme in Textform abgegeben haben und der Be-schluss mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst worden ist.


3. Übergangsregelungen

Zu beachten ist, dass die Erleichterungen zur Beschlussfassung bei der GmbH und beim Verein nur für Gesellschafterversammlungen und Beschlüsse anzuwenden ist, die im Jahr 2020 stattfinden, gleiches gilt für Mitgliederversammlungen von Vereinen, die im Jahr 2020 stattfinden.
Allerdings kann das Bundesministerium für Justiz durch Rechtsverordnung und Zustim-mung des Bundesrats die Geltung der Regelungen bis zum 31.12.2021 verlängern, wenn dies wegen der fortbestehenden Auswirkungen der COVID-19 Pandemie notwendig erscheint.


4. Haftungserleichterungen für Geschäftsführer bei Unternehmen in der Krise

Durch die im Gesetz vorgesehenen Änderungen im Insolvenzrecht insbesondere zur Aus-setzung der Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO bis zum 30.09.2020 für die Fälle, in denen der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit nicht bereits am 31.12.2019 bestan-den hat, werden auch die den Geschäftsführer des krisenbetroffenen Unternehmens ins-besondere nach § 64 Satz GmbHG treffenden persönlichen Haftungsverpflichtung abge-mildert. Art. 1 § 2 Abs. 1 Nr. 1 des COVInsAG bestimmt, dass während der Aussetzung der Pflicht zur Insolvenzantragsstellung alle Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäfts-gang erfolgen und zur Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes oder auch der Umsetzung eines Sanierungskonzeptes dienen, als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar mit der Konsequenz, dass insoweit ein Haftungsinanspruchnahme auch bei späterer Insolvenz ausgeschlossen ist. Diese Haftungserleichterung gilt ebenso für Geschäftsführer einer GmbH & Co. KG.
Zu empfehlen ist gleichwohl - soweit möglich - bereits jetzt schon Vorsorge für eine nicht auszuschließende Auseinandersetzung mit einem Insolvenzverwalter in der Zukunft zu treffen und eine Beweissicherung dadurch vorzunehmen, dass kurzfristig der Jahresabschluss 2019 fertig gestellt wird, um die fehlender Überschuldung der Gesellschaft nachweisen zu können sowie einen Liquiditätsplan auf den 31.12.2019 aufzustellen, aus dem sich ergibt, dass die Gesellschaft über den 31.12.2019 hinaus zahlungsfähig war. Soweit ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr gegeben ist, kann sich ein Zwischenab-schluss anbieten.

5. Beschränkung der Anfechtungsmöglichkeiten des Insolvenzverwalters gegenüber Gläubigern:

Für Gläubiger sieht das Gesetz während der suspendierten Insolvenzantragspflicht eben-falls Erleichterungen vor, um mit dem krisenbetroffenen Unternehmen die Geschäftsbe-ziehungen fortsetzen zu können. So sind nach Art. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 4 insbesondere ge-währte Zahlungserleichterungen etwa durch Ratenzahlungsvereinbarungen nicht an-fechtbar, sofern dem Gläubiger nicht bekannt gewesen ist, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen des krisenbetroffenen Unternehmens zur Beseitigung der ein-getretenen Zahlungsfähigkeit ungeeignet waren.
Die Beweislast ist nach der Begründung zum Gesetzesentwurf so vorgesehen, dass derjenige, der die bestehende Antragspflicht behauptet, diese beweisen muss und dabei die gesetzliche Vermutung überwinden muss, dass bei bestehender Zahlungsfähigkeit zum 31.12.2019 die spätere Insolvenzreife nicht auf der COVID-19 Pandemie beruht. Die Wi-derlegung der Vermutung soll nur in solchen Fällen in Betracht kommen, bei denen kein Zweifel daran bestehen kann, dass die COVID-19 Pandemie nicht ursächlich für die Insolvenzreife war und dass die Beseitigung einer eingetretenen Insolvenzreife nicht gelingen konnte. Es sind insoweit nach der Gesetzesbegründung höchste Anforderungen an die Beweisführung zu stellen. Selbst wenn der Schuldner zum 31.12.2019 zahlungsunfähig gewesen sein sollte, soll nach der Gesetzesbegründung das Nichtberuhen der Insolvenzreife auf den Folgen der COVID-19 Pandemie bzw. das Fehlen der Aussichten auf eine Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit gleichwohl von demjenigen zu beweisen sein, der sich darauf beruft, dass eine Verletzung der Insolvenzantragspflicht vorliegt.
Die Änderungen im Insolvenzrecht sollen im Gegensatz zu den übrigen Änderungen bereits rückwirkend ab dem 01.03.2020 gelten.

Gesetzestext:https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/Bgbl_Corona-Pandemie.pdf?__blob=publicationFile&v=1